Von den Anfängen bis zur Schoah
Von ihrer ersten Nennung vor rund 800 Jahren bis in die Gegenwart gab es nur wenige Zeiten, in denen Juden in München unbehelligt und in Frieden leben konnten. Dennoch haben sie das Leben der Stadt in vielen Bereichen geprägt und bereichert.
Besonders markant und in die Augen springend war der Turm, der an der westlichen Front über der Vorhalle des Männerraumes und einem Teile der Frauen-Empore errichtet war. Den Hauptteil der Synagoge bildete der dreischiffige, in 5 Joche gegliederte Hallenbau, der bei einer Länge von 50 m rund 30 m Breite hatte. Das Mittelschiff hatte eine Höhe von 18 m, die Seitenschiffe von 15 m. Die Seitenschiffe waren durch eine Empore geteilt, deren Boden ca. 7 1/2 m über dem Erdgeschoß lag. In diesen Emporen befand sich die größte Zahl der Frauensitze. Der quadratische, oben achteckig geformte Turm enthielt eine weitere Frauen-Empore, die chorartige Apside im Osten umschloss die heilige Lade, Rabbiner- und Kantorenzimmer, darüber die Sänger- und Orgel-Empore. Je zwei Nebentürmchen an Ost- und Westseite, die den Bau reizvoll belebten, enthielten Aufgänge zu den Emporen. Die edle Wirkung des Raumes wurde gesteigert durch die aus gediegenem Material hergestellte Einrichtung. Keine Frage: das Gebäude war eine Attraktion und ein architektonisches Aushängeschild, das jedoch nur ein halbes Jahrhundert existieren sollte. Im Sommer 1938 folgte der Abriss. Hitler selbst hatte den Befehl erteilt.
Ein gegführter Rundgang beginnt mit der Ohel Jakob Synagoge am Jakobsplatz. Weiter geht’s zur Herzog-Max-Straße und zum Lenbachplatz und schließlich zum NS-Dokumentationszentrum am Königsplatz.
Die Synagoge Ohel Jacob am St. Jakobs-Platz
Die Synagoge steht als wichtigstes Bauwerk nach Osten ausgerichtet frei im Platz mit geschlossenem Sockel und einer sich darüber erhebenden filigranen Stahlkonstruktion. Der Sockel erinnert metaphorisch an den Tempel Salomons und steht symbolisch für das Dauerhafte als schützende Hülle des Gebetsraums. Die mehrschichtig umhüllte Laterne bezieht sich auf das fragile, portative Stiftszelt und löst die Konstruktion in der Transzendenz des Lichtes auf.
Das Zelt der Synagoge entsteht aus der Überlagerung und dem konstruktiven Zusammenwirken von 3 Ebenen
- Außen eine optisch fragile Hülle: das textil wirkende Bronzegewebe
- Innen eine Tragstruktur, die die Geometrie des Davidsterns memoriert: die filigrane, auf Dreiecksstrukturen basierende Stahlkonstruktion. Dazwischen ein Filter zwischen innerer und äußerer Geometrie: die Glasebene, die mit Ihrer Ordnung zwischen kleinteiliger Tiefenstruktur und flächiger Hülle vermittelt.
Die Synagoge wird über ein westlich vorgelagertes, an hohen Feiertagen zuschaltbares Foyer erschlossen. Im Innenraum bilden Zedernholz und Stein aus Israel die bergende Hülle, die den Gebetsraum der Gemeinde umfasst. Der Innenraum wird durch den zentral angeordneten Almemor als räumliche und geistige Mitte und den am östlichen Ende der Longitudinalachse gelegenen Aron Hakodesch bestimmt.
An den Längswänden steigen die Frauenplätze hinter einer Mechisa empor. Dies schafft sowohl eine deutlich ablesbare Trennung als auch eine großzügige räumliche Einbeziehung in den Gottesdienst. Die Bänke der Männer sind in traditioneller Anordnung nach Osten ausgerichtet auf das große Tor in der Ostwand. Das spiegelt die Thematik des Eingangsportals wieder und birgt die lichtdurchflutete Nische. In dieser bewahrt ein Schrein das kostbarste Gut, die Thora-Rollen.
Segenssprüche und Psalmen, die den Wänden eingeschrieben sind, bilden Schmuck und umfassendes Band für die versammelte Gemeinde. Eine Treppe im Foyer führt ins Untergeschoss mit Tagessynagoge, Ritualbad, Technikräumen und Toiletten.
Ein unterirdisches Bauwerk schafft die Verbindung zwischen Gemeindezentrum und Synagoge für Besuchergruppen und Gottesdienstbesucher während der Wochentage. Das ist der Gang der Erinnerung.
Die Natursteinfassaden der Baukörper sind durch die Materialität des Travertin in unterschiedlicher Oberflächenstruktur differenziert; sie machen bis in die Detailgestaltung das übergreifende Prinzip von Kohärenz und Autonomie sichtbar.
Unbehandelte, archaische Krustenplatten sind dem Synagogensockel vorbehalten und geben ihm ein plastisches Relief. Die geschliffenen Platten der Museumsfassade unterstützen die Präzision des Kubus. Gestockte und gesägte Platten in unterschiedlicher Rauigkeit reflektieren Licht und Schatten auf den Fassaden rund um Innenhöfe und Dachgärten des Gemeindehauses. Wandel Hoefer Lorch Architekten + Stadtplaner, Saarbrücken.
Jüdisches Museum München
Together with the Jewish community center and the new synagogue Ohel Jacob- the Jewish Museum is part of the building complex at St.-Jakobs-Platz. Extending over 900 m² of exhibition space the museum grants insight into Jewish history and culture in Munich as an integral part of the city’s past.
The Jewish Museum was designed by the architect Wandel Hoefer Lorch. The cube-shaped museum stands next to the new main synagogue and the community center of the Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern. It illustrates the rich diversity of Jewish culture and history in Munich and also addresses contemporary issues.
See Details here: www.juedisches-museum-muenchen.de
Historischer Auftrag erfüllt
Am 6. September 2017 wurde der Erinnerungsort für die Opfer des Olympia-Attentats von 1972 eröffnet. Elf israelische Sportler kamen beim Olympia-Attentat von München ums Leben. Daran erinnert eine schlichte Marmorplatte am Haus Connollystraße 31, eine Gedenktafel mit den Namen der elf getöteten israelischen Athleten. Am 5. September 1972 war die palästinensische Terrorgruppe „Schwarzer September“ in das Haus eingedrungen und hatte die Athleten als Geiseln genommen. Zwei Sportler starben schon im Haus Connollystraße 31. Neun andere, ein Münchner Polizeibeamter und fünf Terroristen verloren ihr Leben am späten Abend bei einem Schusswechsel auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck.
Auf der Anhöhe südlich der Connollystraße 31 entstand eine Dauerausstellung mit unmittelbarem Sichtbezug zum Tatort und zu den Sportstätten. In der Ausstellung werden die Themen „Biografien“, „Internationale Politik“ und „Olympische Spiele“ vertieft. Die Biografien der Opfer stehen dabei im Zentrum. Das Attentat wird als Zäsur in der jüngeren Geschichte der internationalen Politik eingeordnet, da 1972 Terror erstmals zu einem globalen Medienereignis wurde.
Zum 90. Todestag wird für den Sozialdemokraten Hans Nimmerfall am Dienstag, 20. August, ein Erinnerungszeichen in der Bäckerstraße 14 gesetzt. Der heutige Pasinger Standort der Münchner Volkshochschule war zu Nimmerfalls Lebzeiten das Pasinger Rathaus, von 1911 bis 1933 Nimmerfalls Wirkungsstätte als Stadtrat. Auch im Bayerischen Landtag war er ein engagierter Abgeordneter der SPD.
Dr. Martin Ecker, Managementdirektor der Münchner Volkshochschule, eröffnet um 17 Uhr die Gedenkveranstaltung. Stadträtin Julia Schönfeld-Knor (SPD/Volt-Fraktion) spricht ein Grußwort in Vertretung des Oberbürgermeisters. Desweiteren sprechen Klaus Schultz von der Lagergemeinschaft Dachau und Frieder Vogelsgesang, Vorsitzender des Bezirksausschusses 21 (Pasing-Obermenzing). Dr. Bernhard Schoßig von der Pasinger Geschichtswerkstatt wird die Biografie von Hans Nimmerfall verlesen. Außerdem werden Kommunalreferentin Jacqueline Charlier sowie Angehörige von Hans Nimmerfall teilnehmen. Im Anschluss um 17.45 Uhr wird das Erinnerungszeichen am Haupteingang gesetzt.
Über Hans Nimmerfall
Johann (Hans) Nimmerfall wurde am 25. Oktober 1872 in München geboren und war das erste von 14 Kindern. Seine Mutter war Köchin, sein Vater Schreinermeister. Nimmerfall absolvierte ebenfalls eine Schreinerlehre und arbeitete danach als Handwerksgeselle in München. Im Jahr 1895 heiratete er Christine Schultmayer, mit der er sechs Kinder bekam. 1903 zog die Familie nach Pasing, wo Nimmerfall sich 1918 von seiner Frau trennte und in die Mussinanstraße, die heutige Nimmerfallstraße, zog. Nimmerfall trat 1897 in die SPD ein und wurde 1900 zum Mitglied des Bezirksvorstands der SPD Südbayern gewählt. 1908 wurde er zum Bezirksparteisekretär ernannt. Im Jahr 1912 zog Nimmerfall in den Bayerischen Landtag ein, dem er bis 1920 und erneut zwischen 1924 und 1928 angehörte. In Pasing, das damals noch eine eigenständige Stadt war, gehörte er seit 1906 dem Kollegium der Gemeindebevollmächtigten an und war zwischen 1911 und 1933 Stadtrat. Nimmerfall war zudem seit 1912 Vorsitzender der dortigen Baugenossenschaft und setzte sich insbesondere für den Wohnungs- und Siedlungsbau für Arbeiter ein. Insgesamt entstanden bis 1933 30 Häuser mit 242 Wohnungen.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurde Nimmerfall am 11. März verhaftet und mehrere Wochen lang inhaftiert. Nach seiner kurzzeitigen Freilassung wurde er im Juni 1933 erneut verhaftet und im Konzentrationslager Dachau interniert. Dort musste der Sechzigjährige schwere Arbeit leisten und den ständigen Terror der Wachmannschaften erleiden, die ihn körperlich und psychisch zu Grunde richteten. Kurz nach seiner Entlassung starb Hans Nimmerfall am 20. August 1934 im Pasinger Krankenhaus.
Über die Erinnerungszeichen
Erinnerungszeichen werden seit 2018 an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Die Erinnerungszeichen bestehen aus gebürstetem Edelstahl und sind vergoldet. Es gibt sie als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – ein Bild.
Weitere Informationen unter www.erinnerungszeichen.de und www.map.erinnerungszeichen.de.
Erinnerungszeichen seit 2018 für Fassaden an Hauswänden ehemaliger jüdischer Bewohner wie beispielsweise das
Erinnerungszeichen für Hans Nimmerfall zum 90. Todestag (Bäckerstraße 14 in Pasing)
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