München als „Hauptstadt der Bewegung“
1920 formte der Österreicher Adolf Hitler in München die Deutsche Arbeiterpartei (DAP) um in die National-Sozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP).
Am 9. November 1923 scheiterte der Machtkampf der NSDAP mit dem Hitlerputsch vor der Feldherrnhalle am Odeonsplatz gegen die bayerische Polizei. Göring wurde am Oberschenkel getroffen und 10 Tage lang von einem jüdischen Arzt verarztet und versteckt. Hitler blieb unverletzt, wurde gefangen genommen und kam nach Landsberg ins Gefängnis (Festungs-Haft). Dort schrieb er sein Buch „Mein Kampf“, das vom Bruckmann-Verlag München verlegt wurde.
Nach der Machtergreifung am 31. Januar 1933 erhielt München Musterbauten der NS-Architektur von Architekt Paul Trost. Es entstand die NSDAP-Zentrale nahe dem Königsplatz. Das ist der schönsten Platz der Stadt, der im 19. Jahrhundert in Anlehnung an die Akropolis in Athen gebaut wurde. Das “Braune Haus”, die NSDAP-Zentrale, wurde in einer Villa mit Blick auf die Propyläen eingerichtet (wo seit Jahren das NS-Dokumentationszentrum der Öffentlichkeit zugänglich ist).
1935 bekam München den zweifelhaften Ehrentitel „Hauptstadt der Bewegung“.
Das Münchner Abkommen wurde 1938 im „Braunen Haus“ unterzeichnet vom britischen Premierminister Neville Chamberlain, dem französischen Ministerpräsidenten Édouard Daladier, dem italienischen Diktator Benito Mussolini und Reichskanzler Adolf Hitler.
Ein Zeichen des passiven Widerstandes war die Drückebergergasse, die man nahm, um den “Hitler-Gruß” vor der Feldherrnhalle am Odeonsplatz zu vermeiden. Die Wachen vor der Feldherrnhalle forderten diesen “Hitlergruß” von allen Passanten. In den 1990er Jahren schuf ein Künstler diese Spur in der Form eines liegenden “S”, indem er die Pflastersteine mit glänzender Bronze belegte.
Ab Sommer 1942 formierte sich der Widerstand um Professor Kurt Huber und die Geschwister Hans und Sophie Scholl an der Ludwig-Maximilian-Universität (“Die Weiße Rose”).
Sie riskierten ihr Leben, um mit Flugblättern der Bevölkerung das wahre Gesicht der SS und ihrer Führer wie Hitler, Himmler, Göbbels, Göring und vielen anderen NAZI-Größen vor Augen zu führen. Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst wurden in der Großen Aula im Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität beim Verteilen ihres 6. Flugblatts im Lichthof vom Hausmeister (einem SS-Mann) entdeckt und an den Direktor verpfiffen. Am gleichen Tag wurden sie von der GESTAPO verhaftet, im Wittelsbacher Palais in der Brienner Straße verhört und anschließend brutal von Scharfrichter Johann Reichart mit dem Fallbeil geköpft (Photo siehe unten).
Danach sagte Scharfrichter Reichart, dass er noch nie jemand so stolz hat sterben sehen wie die junge Frau dieser NS-Widerstandsgruppe.
Sophie Scholl und ihr Bruder Hans Scholl wurden am 22. Februar 1943 brutal mit der Guillotine in der JVA Stadelheim ermordet (obwohl Hans Scholl Mitglied der Wehrmacht war und die NAZIS Hans Scholl hätten erschießen können. Doch mit dem Fallbeil wollten sie die tapferen Widerstandskämpfer weiter demütigen).
Das 3. Bild zeigt die in den Fußboden vor dem Haupteingang der Ludwig-Maximilian-Universität eingelassenen Flugblätter aus Kupfer, um die Erinnerung an den lebensgefährlichen Widerstand der Mitglieder der “Weiße Rose” wach zu halten.
Ein Blick zurück:
Vor 80 Jahren verteilten Sophie Scholl und ihr Bruder Hans Flugblätter der “Weißen Rose” an der Universität in München, wurden vom Hausmeister erwischt, verhaftet und wenige Tage später hingerichtet. Die Guillotine – ein Werkzeug für den Massenmord – gibt es noch im Bayerischen Nationalmuseum. Etwa 1200 Menschen sind in der NS-Zeit mit der Guillotine im Gefängnis München-Stadelheim geköpft worden. Darunter waren ausländische Zwangsarbeiter, wegen “Fahnenflucht” verurteilte Wehrmachts-Soldaten, gewöhnliche Mörder aber auch Widerstandskämpfer. Sophie und Hans Scholl sowie Christoph Probst starben so am 22. Februar 1943, Professor Kurt Huber, Willi Graf und Alexander Schmorell am 13. Juli und am 12. Oktober, Hans Leipelt schließlich am 29. Januar 1945.
Es war immer dieselbe Hinrichtungsmaschine – und immer derselbe Scharfrichter. Johann Reichhart, so sein Name, hat in seinem Leben wohl an die 3000 Personen enthauptet – ein Mann ohne Schuldbewusstsein und Gewissen, der 1963 – ein makabres Detail – Ehrenmitglied im Verein zur Wiedereinführung des Todesstrafe wurde.
Der in Russland geborene Alexander Schmorell wuchs in München auf, wo er bereits am Neuen Realgymnasium seinen Freund und Mitstreiter Christoph Probst kennenlernte. Als Medizinstudent wurde er in die Wehrmacht eingezogen, wo er als Sanitätsunteroffizier Hans Scholl kennenlernte. Im Sommer 1942 verfassten sie gemeinsam die ersten vier Flugblätter der Widerstandsgruppe „Die weiße Rose“. Nachdem die Medizinstudenten an der Ostfront Zeugen der deutschen Kriegsverbrechen wurden, erweiterten sie nach ihrer Rückkehr den Kreis der am aktiven Widerstand Beteiligten. Sophie Scholl, Willi Graf, Professor Kurt Huber und Christoph Probst wurden Teil der Weißen Rose. Im Februar 1943 wurde Alexander Schmorell verhaftet, im April 1943 zum Tode verurteilt und am 13. Juli 1943 in München-Stadelheim ermordet.
Seine letzten Worte schrieb er an seine Eltern: „Ich gehe hinüber in dem Bewusstsein, meiner tiefen Überzeugung und der Wahrheit gedient zu haben. Dies alles lässt mich mit ruhigem Gewissen der nahen Todesstunde entgegensehen.“
Hans Scholl, Christoph Probst, Alexander Schmorell und Willi Graf waren Soldaten der Wehrmacht. Bei Soldaten wurde ein Todesurteil üblicherweise durch Erschießen vollstreckt. Die vier Freunde wurden indes mit dem Fallbeil enthauptet. Man wollte sie so noch zusätzlich herabwürdigen.
Seit 2013 sind die Pforten zum NS-Dokumentationszentrum am Platz des ehemaligen „Braunen Hauses“ täglich bis 19 Uhr geöffnet. Das ist ein Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Nationalsozialismus. In Fotos, Filmen, Videos und Vorträgen werden den Besuchern die unfassbaren Gräueltaten der Nazi-Diktatur von 1933 bis zur Kapitulation am 8. Mai 1945 gezeigt. Der damalige Widerstand durch die Mitglieder der „Weißen Rose“ sowie der heutige Umgang mit dem “braunen Erbe” werden im NS-Dokumentationszentrum hervorragend thematisiert.
Wenig bekannt ist die Tatsache, dass ein einfacher Mann Hitler töten wollte. Er war kein General, er war kein Spion, er war ein Mann aus dem Volk. Langsam erkennen jetzt die Deutschen, wie hoch seine Tat einzuschätzen ist. Der Schreiner Georg Elser begriff früh, dass man den Zweiten Weltkrieg nur verhindern bzw. frühzeitig beenden konnte, wenn Hitler starb. Georg Elsers Bombe detonierte am 8. November 1939 im Bürgerbräukeller punktgenau. Doch die NAZI-Führung entkam nur durch Zufall.
Georg Elser war ein Bauernsohn und stiller Christ. Er spielte Zither und Kontrabass und war ein Kommunist aus dem württembergischen Hermaringen. Neben dem Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg war Elser der einzige Widerstandskämpfer, der Hitler zu einer Zeit töten wollte, in der sich der Zweite Weltkrieg rasch hätte beenden lassen. Damit hätte der Holocaust noch verhindert werden können.
Georg Elser war von vornherein ein Gegner der Nazis. Bei der Arbeit in einer Uhrenfabrik konnte er 250 Presspulverstücke und einige Zünder beschaffen. Dann arbeitete er in einem Steinbruch, wo er mehr als 100 Sprengpatronen und über 125 Sprengkapseln mitgehen ließ. In einer Schreinerwerkstatt tüftelte er am Zeitzünder.
Georg Elser wußte, dass Hitler anlässlich des Putschversuchs vom November 1923 jährlich im Bürgerbräukeller in München eine lange Rede hielt. In einer Säule hinter dem Rednerpult deponierte er in wochenlanger Kleinarbeit des nachts seine Bombe. Jeden Abend versteckte er sich in der Besenkammer, bis das Gasthaus geschlossen war. Dann kniete er mehr als 30 Nächte lang neben der Säule, höhlte sie aus und stellte den Zeitzünder ein.
Die Bombe explodierte am 8. November 1939 exakt zu der von Elser eingestellten Zeit um 21.20 Uhr. Doch da waren Hitler, Goebbels und Göring bereits weg. Es pressierte ihnen. Der Feldzug gegen Frankreich wollte geplant sein. Doch das Wetter war schlecht, am 8. November war es neblig. Darum konnte Hitler nicht nach Berlin fliegen, sondern musste mit dem Nachtzug fahren. Deshalb verließ der Diktator den Bürgerbräukeller 13 Minuten vor der Detonation. Diese war so heftig, dass sie den Saal verwüstete und acht Gäste tötete.
Elser wurde bereits gegen 20.45 h gefasst, als er über die grüne Grenze in die Schweiz fliehen wollte. Er wurde jahrelang als Sonderhäftling im KZ Sachsenhausen gefangen gehalten. Am 9. April 1945, drei Wochen vor dem Selbstmord Hitlers, wurde Elser im KZ Dachau aus seiner Zelle geholt und in der Nähe des alten Krematoriums von einem SS-Oberscharfführer erschossen.
Treffpunkt für den Rundgang: Ludwig-Maximilian-Universität, Geschwister-Scholl-Platz (U3 / U6): Große Aula im Hauptgebäude des Universität. Der prachtvolle Raum wurde im Jugendstil von dem Architekten German Bestelmeyer geplant und 1911 fertiggetellt. Bekannt wurde die Aula auch durch den Film über “Die weiße Rose”, der Widerstandsorganisation rund um die Geschwister Scholl und ihre berühmte Flugblattaktion im Kampf gegen die Nationalsozialisten. Heute wird der Saal tagsüber für Vorlesugnen, abends und am Wochenende für kulturelle Veranstaltungen genutzt –
Ende des Rundgangs: NS-Dokumentationszentrum
Barbara Schöne, Offizielle Gästeführerin der Stadt München
Am 30. April. 2020 ist es 75 Jahre her, dass München vom NAZI-Regime befreit wurde. Wie einst 1945 wehten auch 2020 weiße Fahnen in München, um an den Tag der Befreiung zu erinnern. Allein 15 Fahnen der Stadt hingen vom 30. April bis zum 8. Mai auf dem Marienplatz. Wegen der Corona-Pandemie gab es nur eine Online-Ausstellung: www.tagderbefreiung.online. Als Stadtführer ist es mir wichtig, den Tag der Befreiung vor 78 Jahren nicht zu verschweigen.
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